Bezirkliches Vorverkaufsrecht versus Mietendeckel
Für die Bewohner der Leinestraße 8 ist es geschafft. Der Verkauf ihres Hauses an den Investor »Aramid GmbH« wurde wortwörtlich in letzter Sekunde abgewehrt. Am Montag, dem 16. September, ist die zweimonatige Frist für das bezirkliche Vorkaufsrecht abgelaufen, die Mieter erhielten am 17. September die frohe Nachricht per Post. Das städtische Wohnungsbauunternehmen »Degewo« hat kurz vor Fristende den Kauf des Hauses zugesagt.
Warum konnte erst so knapp eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft zum Kauf gefunden werden? Ein Faktor könnte die Kollision von Vorkaufsrecht und Mietendeckel sein. Auch städtischen Unternehmen muss die Wirtschaftlichkeit eines Objekts garantiert sein. Da sich der Kaufpreis des Hauses in den vergangenen Jahren vervielfacht habe und der Mietendeckel die Einnahmen noch weiter regulieren würde, könne sich der Kauf der Leinestraße 8 erst in 35 bis 50 Jahren rentieren, so Stadtrat Jochen Biedermann laut einem Artikel der »taz« vom 22. September.In einem Beitrag des »RBB« vom 12. September wurde geäußert, es fände sich kein geeigneter Käufer zur Ausübung des Vorkaufsrechts. Nach Aussagen der »taz« sagten Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) gegenüber den städtischen Baugesellschaften erst nach diesem Bericht, sie sollen bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung den Mietendeckel nicht mit einbeziehen.
Dieser Vorstoß der »taz« muss differenziert und kritisch betrachtet werden. Der Beschluss des Mietendeckels vom Juni schafft bereits Voraussetzungen zur Regelung von Ausnahmen zur Förderung der Rekommunalisierung von Immobilien in Berlin. Genau eine solche Ausnahme war nun der Fall »Leinestraße 8«. Die entstandenen Verzögerungen können unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass für ein derartiges Vorhaben eines Berliner Bezirks zunächst eine Genehmigung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingeholt werden muss. Politisch wurde zwar kurzfristig und reaktiv gehandelt, aber ebenso richtig.
Wie wir heute wissen, hat die »Degewo« das Haus gekauft, und doch bleiben einige Fragen offen. Glaubt die Politik noch an den Mietendeckel? Und noch viel wichtiger: Können selbst in Milieuschutzgebieten nur solche Häuser rekommunalisiert werden, in denen die Mieter wirklich alles Erdenkliche tun, um nicht in die Hände von Privatinvestoren zu fallen?
me